Für mich beginnt jeder Abend mit meinen Freunden damit, dass wir erstmal über alles quatschen außer das Spiel - und das liebe ich. Gleichzeitig möchte ich, dass der Fokus auf das Spiel gelegt wird, sobald wir anfangen. Ein starker Start hilft mir dabei, genau das zu erreichen.
Was macht einen starken Start aus?
Ein starker Start bringt die Spieler*innen möglichst schnell in Stimmung und zieht deren Aufmerksamkeit auf das Spiel. Das hilft Spielleiter*innen dabei, die Gruppe einzufangen und den Fokus von anderen Themen abzuholen und es hilft der Gruppe dabei, sich auf das Geschehen am Tisch einzulassen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten einen Start möglichst immersiv zu gestalten. Zur Not funktioniert ein Kampf eigentlich immer, aber es gibt auch gute Alternativen, um die Mitspieler*innen abzuholen. Es sollte in der Regel auf irgendeine Art spannend sein.
Mit Cliffhangern Spannung erzeugen
Was immer gut funktioniert ist, die Session mit einem Cliffhanger zu beenden und damit die Spannung bis zur nächsten Runde hochzuhalten. Sobald die Gruppe wieder zusammenfindet und spätestens, wenn die letzte Sitzung zusammengefasst wird hast du die Spieler*innen am Haken, denn sie wollen schließlich schon seit der letzten Runde wissen wie es weitergeht und haben sich möglicherweise schon verschiedene Theorien überlegt. Meine Gruppe hat sich beispielsweise in einem Sumpf verlaufen und ist irgendwann auf eine Höhle gestoßen. Sie vermuteten dort einen Drachen, sind in die Höhle und haben sich im Eingangsbereich etwas umgeschaut. Es war schon spät und ich habe nach einem guten Ende gesucht und die Gruppe hat sich nicht so recht vor getraut. Schwarze Drachen können in ihren Höhlen Finsternismagie zaubern und der Drache konnte die Gruppe aus einem See in der Eingangshalle beobachten. Also habe ich der Gruppe beschrieben, wie sich plötzlich eine allumfassende Finsternis um sie herum ausgebreitet hat. Sie konnten nichts mehr sehen, und ich habe damit die Runde beendet. Das war ein mega Ende und alle haben sich gefragt, was grade abgeht und in der nächsten Runde haben wir in der Zusammenfassung die Finsternis angesprochen (eigentlich haben wir schon vorher drüber gesprochen, als wir noch Essen vorbereitet haben) und ich hatte sofort die Aufmerksamkeit aller Mitspieler*innen, als wir angefangen haben. Du kannst einen starken Start also sehr gut darauf aufbauen, wenn die Spieler*innen ohnehin schon seit der letzten Runde wissen wollen, wie es weitergeht.
Unerwartete Ereignisse als Startimpuls
Was ebenfalls gut funktioniert, sind unvorhergesehene Ereignisse. Wenn die letzte Runde ruhig endete, beispielsweise haben sich alle in ihren Zimmern in der Taverne zu einer langen Rast zurückgezogen, könnte ein wichtiger NPC an der Tür klopfen und ein paar zusammenhanglose Worte loswerden, bevor er dem Messer in seinem Rücken erliegt. Oder laute Geräusche aus der Taverne unten könnten die Aufmerksamkeit der Gruppe auf sich ziehen. Die Gruppe könnte runtergehen, um dem auf den Grund zu gehen, nur um zu merken, dass die Party der Nacht in den Morgenstunden nochmal an Fahrt aufgenommen hat. Ein vermeintlich unspektakulärer Start kann durch ein unvorhergesehenes Ereignis plötzlich so interessant werden, dass es die Spieler*innen ohne weiteres in ihren Bann ziehen kann.
Einen Kampf beobachten
Seien wir ehrlich, die meisten unserer Mitspieler*innen werden sich von Kämpfen abholen lassen. Es muss allerdings nicht immer so simpel sein. Auch ein Kampf, der vor der Gruppe ausbricht, an dem sie unbeteiligt sind, könnte ein guter Start sein. Helfen sie einer der Parteien oder halten sie sich raus? Werden sie reingezogen und müssen versuchen, sich rauszuhalten, weil die Stadtwache anrückt? Wie reagieren sie? Solche Fragen in den Mitspieler*innen auszulösen führt dazu, dass sie sich sofort in ihre Charaktere versetzen und einen guten Einstieg in das Spiel finden.
Neugier, Spannung, Interesse
Auf irgendeine Art wollen wir mit einem guten, starken Start etwas in unseren Mitspieler*innen wecken - Neugier, Spannung oder Interesse. Ein NPC aus der Vergangenheit einer der Charaktere könnte in der gesamten Gruppe für Spannung sorgen, wenn eine Person so überrascht ist von der Ankunft dieses NPCs, dass der Rest sich davon anstecken lässt und auch wissen will, was dort gerade passiert. Ein bedeutsames Ereignis kann auch dafür sorgen, dass der Fokus deiner Gruppe auf das Spiel gezogen wird. Beispielsweise könnten sie in ein Dorf kommen, in dem gerade alle Bewohner*innen auf dem Dorfplatz versammelt sind, weil das wichtigste Erntefest des Jahres abgehalten wird. Deiner Phantasie sind hierbei keine Grenzen gesetzt.
Prinzip des Lazy Dungeon Master
Der gute Start gehört zu dem von mir bereits aufgegriffenen Prinzip des Lazy Dungeon Master. Mike Shea stellt drei Fragen, die einen guten Start ausmachen. Du solltest beschreiben was gerade passiert, warum es passiert und wo die Action stattfindet. Und das bestenfalls in einem Satz. Ein Satz, der präzise die Startszene beschreibt. Du kannst hier die Grundlage für die gesamte Runde legen, kannst deiner Gruppe den Weg für den restlichen Verlauf legen, indem du ihnen Möglichkeiten anbietest, auf die Spielwelt zu reagieren.
Fazit
Du kannst dir eine Spielsitzung wie die Episode einer Serie vorstellen. Es mag eine übergreifende Handlung geben, die über den Lauf der gesamten Staffel einer eigenen Spannungskurve folgt, allerdings funktionieren viele Serienepisoden eigenständig und besitzen ihre eigene Spannungskurve. Du willst mit etwas Aufregendem in dein Spiel starten, die Spieler*innen in den Bann ziehen und einen Ausblick darauf geben, worum es in dieser Episode gehen wird. Das wird dir helfen, deine Gruppe an den Tisch zu kriegen und ihren Fokus einzufangen. Mike Shea beschreibt diesen Schritt als einen der wichtigsten in der Vorbereitung seiner Runden und ich kann dem nicht widersprechen. Nutze also den Start deiner Spielrunden, einerseits, um die Stimmung und auch die Handlung einzuleiten, aber auch, um deine Gruppe einzufangen und ihre Aufmerksamkeit auf das Spiel zu lenken. Und dann hab viel Spaß.
Netter Beitrag und sauber geschrieben. Das gefällt mir. Eine Methode hätte ich evtl. noch als "Startpunkt" - insbesondere für Oneshots und/oder Kampagnenstarts. Ein stimmungsvolles Lied, was die Stimmung aufgreift, und ein vorbereiteter Text, den man als SL dann sicher aufzusagen vermag, kann auch die Spieler:innen in den Bann ziehen und den Abenteuerbeginn einleiten. Die aufkommende Musik (sollte ohne Gesamg sein, um beim Vorlesen nicht abzulenken) lenkt Aufmerksamkeit auf den Spieltisch. "Da passiert was! Das will ich mitbekommen." und der vorgelesene Text definiert die Ausgangssituation. Alternativ, wenn es als SL gewünscht ist, kann man auch eine Kamerafahrt beschreiben, sodass die Spielenden sich vorstellen können, welche Umgebung es gibt und welche "Spots" evtl. besuchenswert sein könnten. Clevere SL (und das wollen wir ja alle werden) bauen bereits Elemente ein, die später noch eine Relevanz für das Abenteuer sein könnten. Beispiel: Auf dem Dach der Zitadelle sitzt ein Schwarm Krähen und ihr Krächen ist in der ganzen Stadt zu hören. Später stellt sich dann heraus, dass eine der Krähen ein Druide ist, der die Heldengruppe beobachtet hat. Ob es sich dabei um A) einen Verbündeten, B) einen Spion des Feindes oder C) einen Unbeteiligten handelt wird die Gruppe noch herausfinden. (Diese Technik hat auch einen Namen beim Schreiben von Geschichten, dessen Namen mir leider entfallen ist.)
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